
Hi, ich bin Judith,
ich bin 36 Jahre alt, Familienoberhaupt, Überlebende, stattTherpeutin
und wohne im Ruhrgebiet. Nice to meet you.
Wie würde eine Welt aussehen, in der das Leben ganz gefeiert wird ?
In meinem Leben habe ich viele dunkle Zeiten erlebt. Ziemlich viele. Bei der Verteilung von schweren Lektionen muss ich wohl immer ‘hier!’ geschrien haben. Der absolute Tiefpunkt war die Schwangerschaft mit meiner Tochter, die im August 2016 geboren wurde. Ich war sehr krank und sehr verzweifelt.
Aus der pechschwarzen Hoffnungslosigkeit heraus beschloss ich, dass ich leben wollte, und zwar so richtig. So ganz. Ohne leiden zu müssen. Gut, bekam ich die Antwort vom Universum, kannst du haben. Was dafür nötig war? Viele kleine Tode.
Viele Male bin ich kleine Tode gestorben, als ich Schicht für Schicht die Illusionen über meine Identität losgelassen habe. ‘Weil ich halt so bin’ habe ich nicht mehr gelten lassen, da war ich rigoros. Mein Antrieb war die Freiheit: ich wollte mich befreien von dem Schmerz, dem Leid, den Traumata meines bisherigen Lebens. Wollte selbstbestimmt handeln können. Nicht mehr als Opfer der Umstände, nicht mehr getrieben von meinen Gedanken, von den Vorstellungen anderer. Nicht mehr reaktionär.
Und da war dieses unfassbar hinreißende, kleine Wesen, das mich mit blauen Augen anschaute. Dessen ganze Welt ich war. Dessen Leben von mir abhing. Ich wollte meine kleine Tochter so sehr lieben, wollte mich der Liebe zu ihr hingeben, darin versinken — aber ich merkte: es ging nicht. Etwas hielt mich davon ab.
Und das bedeutete: ich musste Tag für Tag Dinge tun, die ich nicht tun wollte. Musste ein Kind großziehen, obwohl ich das nicht als Bereicherung empfand. Wusste aber: dieses Menschenkind bräuchte genau das.
Dieser unerträgliche Zustand war es am Ende, was mich vorantrieb. Was mich drängte, noch mehr Bewusstseinsarbeit zu machen.
Durch alle tiefen Täler hindurch, alle Schlammtäler. Denn: die Aufarbeitung ist kein Spaziergang. Sie ist nicht federleicht und se><y, wie uns mancher Insta-Post erzählen will.
Je mehr Dunkelheit, desto mehr Licht
Seitdem ich aufgearbeitet hat, was mir passiert ist, hat sich alles verändert. Ich bin in meine Freiheit hinein gewachsen, ich entscheide selbst. Und ich entscheide mich für ein Leben voller Freude, Liebe, Abenteuer, Begeisterung.
Ich glaube daran, dass alles schon da ist. Was wir uns ersehnen, müssen wir nicht irgendwo ganz weit draußen suchen gehen. Alles, was wir brauchen, haben wir bereits. Unser ganzes Potential ist angelegt – nur ist es verhindert, verdeckt. Deswegen mache ich sehr viel Schattenarbeit: aufdecken, welche Anteile von mir ich nicht wahrhaben will. Wovon ich mich abgeschnitten habe, weil ich mich dafür schäme, weil ich davor Angst habe. Was mir gestohlen wurde, was mir verwehrt wurde.
Diese dunklen Seiten kennen- wandeln- und lieben zu lernen, darum geht es in meiner Arbeit. Die Schatten zu integrieren. Denn dann werde ich ganzer, heiler, stärker. Mehr zu mir selbst.
Dann fängt das Leben an, so richtig Spaß zu machen, im Ernst jetzt.