In den sozialen Medien macht sich ein gefährliches Missverständnis breit. Da ist von #regrettingmotherhood die Rede und es werden politische Absichten verfolgt – mit sehr toxischen Folgen für die betroffenen Frauen.
Der Tenor auf großen Accounts lautet: ich liebe meine Kinder aber ich hasse meine Mutterrolle. Und damit spielen die Verfasserinnen auf die strukturellen Umstände an, die das glücklich sein als Mutter und Familie in unserer Zeit so schwer machen.
Mit dem Diskurs um ‘regrettingmotherhood’ wird es endlich möglich, auch schwierige oder schmerzhafte Erfahrungen des Mutterseins zu äußern. Für manche bietet sich hier auch die Gelegenheit, auf systematische Missstände hinzuweisen. Auf die immer noch klaffende Pay Gap & der fehlenden gender Gerechtigkeit im Arbeitsmarkt. Oder auf die immer noch grottigen Betreuungssysteme, wo Deutschland tatsächlich gemessen am Bruttosozialprodukt eine Schande darstellt.
Das sind wichtige Gespräche, die unbedingt geführt werden müssen. Doch das ändert überhaupt nichts daran, was auf der individuellen, persönlichen Ebene passiert. Wenn du die Mutterschaft als schrecklich empfindest, wenn deine Kinder dich triggern, wenn dein Leben zu einem Albtraum geworden ist und du wünschst, das alles wäre nie passiert. Tatsächlich ist diese Verlagerung in eine politische Agenda gefährlich, denn sie vermittelt bereuenden Frauen den Eindruck, dass sie keine Wahl haben und keine Möglichkeit, etwas zu verändern. Es schließt das Potenzial aus, mit dem Thema zu wachsen.
Achtung, truthbomb im Anmarsch:
Du kannst nicht deine Kinder lieben und deine Mutterrolle hassen.
Das ist political bypassing. Das ist eine verdammt bittere Erkenntnis, ich weiß. Deswegen ist so schwer – deswegen ist so wichtig.
Du bist jetzt Mutter. Jetzt leben wir in einer patriarchalen und kapitalistischen Gesellschaft. Und jetzt willst du glücklich sein. Keine Notnägel mehr, kein Augen-zu und durch. Und auch keine Ausweichmanöver mehr a la naja wie soll es mir auch gut gehen in diesem toxischen System.
Solange du noch Hass empfindest gegen deine Mutterrolle bist du noch nicht an deinem Grund angekommen.
Solange du noch akzeptierst, dass das System dir etwas nimmt von deinem Glück, bist du noch im Kampf damit. Solange du kämpfst, kannst du nicht gewinnen.